Auf die Gefahr hin mich unbeliebt zu machen, aber ich find den Spruch schwierig.
Eines der Werkzeuge der Nazis war es, unliebsame (im damaligen sprech “asoziale”) Menschen als Zecken, Parasiten, oder ähnliches zu bezeichnen. Damit wurde versucht sie zu entmenschlichen ganz in ihrer Tradition der Menschenfeindlichkeit.
Ich find das linke Spektrum sollten sich dieses Muster nicht zu eigen machen.
So nach dem Motto “Bist du nett zu mir, bin ich auch nett zu dir.”
In dem Fall sind alle Menschen erstmal Teil des Vertrags. Alle werden also mit Respekt und Würde behandelt, bis sie eben diese grundlos anderen Menschen absprechen. An diesem Punkt haben sie den sozialen Vertrag gebrochen und profitieren nicht mehr von seinen Vorteilen.
Trotzdem hast du natürlich Recht und man sollte mit solchen pauschalen und entmenschlichenden Formulierungen sehr vorsichtig umgehen.
Weiß nicht, ich finde Entmenschlichung hat nichts mit sozialen Verträgen zu tun. Da geht’s bei mir darum ob ich mich verpflichtet sehe danke und bitte zu sagen, meinetwegen auch ob ich dir in den Vorgarten kacke. Aber Menschenwürde ist für mich einfach ganz klare Grundlage allen Handelns.
Ich kann das voll und ganz verstehen, dass man gewisse Grenzen in der Hinsicht nicht überschreiten will, bin mir jedoch der Auswirkungen, die damit einhergehen nicht recht bewusst. Vielleicht kannst du mir ja erklären, wie sich das in Extremsituationen auf Sanktionen und Ähnliches auswirkt. Bspw. wenn jemand zum Genozid aufruft.
Bin mir nicht sicher ob ich die Frage verstehe? Auch Menschen die zum Genozid aufrufen sind Menschen. Ich will, dass die ihr Maul halten und dass sie im Zweifel nach dem Strafrecht bestraft werden wenns illegal wird, aber ich muss trotzdem anerkennen, dass das Menschen sind die man nicht mit Tieren oder Krankheiten gleichsetzen kann.
Ich verstehe, was du meinst, sehe aber auch keinen Grund auf einer Demo differenzierte Sozialstudien zu skandieren. Halte es sogar eher für problematisch, dass bei antifaschistischen Engagements immer jedes letzte Detail durchdacht werden soll. Wir werden Menschsein nicht übernacht lösen und sollten anfangen uns einzugestehen, dass wir ambivalente Wesen sind, denn wenn man ein Miteinander sucht, wird man immer Spannungen finden, die man aushalten muss. Klar muss man an den Spannungen arbeiten, aber man darf sich eingestehen, dass es eine Sisyphos-Aufgabe ist, die unvollständig bleiben wird.
Ein Nazi muss auch kein Nazi sein. Er wurde nicht so geboren und kann diese Haltung ablegen. Ich entmenschliche ihn also weniger, als ich ihn für seine Haltung beschäme. Die Person dahinter würde ich tatsächlich nicht so ansprechen.
Davon unabhängig halte ich es in Auseinandersetzungen mit Nazis mit Karl Popper und lehne universelle Toleranz ab.
Insofern bin ich im Reinen mit mir wenn ich von der Nazipest spreche.
“Ob Ost, Ob West: Nazis finde ich nicht so gut” klingt auch echt doof.
Wie wär’s stattdessen mit “Ob Ost, ob West: ich wünsche allen Nazis Pest”? Ich bin nicht besonders gut mit Worten aber zumindest reimt sich West auch auf vieles was nicht Pest ist. Fest, Fresst, Nest, …
Ich werde auch auf ner Demo nicht anfangen darüber zu diskutieren ich rufe den einen Spruch einfach nicht mit. Auch mir sind die kurzen rufe viel lieber, da muss ich dir Recht geben. Man kann ja aber im Nachhinein mal drauf hinweisen wenn man gerade gemütlich zusammen vor Lemmy sitzt :)
Ganz abgesehen davon dass es ja auch genug andere Sprüche zum rufen gibt
Hatte auf der Demo gerade auch einen ähnlichen Gedankengang. Ich finde es immer bisschen unangenehm, denen, die Hass propagieren, “Ganz Berlin hasst die Afd” entgegenzurufen. Gleiche Stufe und so. Auf der anderen Seite haben sie sich ja bewusst dafür entschieden Nazis zu sein und wurden nicht als solche geboren. Außerdem, wie du sagst: keine Toleranz der Intoleranz.
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